Frankfurt/Oder (Brandenburg) – Am 4. September wurde in Frankfurt/Oder ein 15 Jahre alter Syrer in der Wohnung seiner Eltern festgenommen. Nach Ansicht der Fahnder hatte er den Islamisten Beran A. dazu angestiftet, Anschläge auf die Taylor Swift-Konzerte in Wien zu verüben.
Der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA deckte den Plan auf, die Konzerte wurden abgesagt. Nach Angaben der österreichischen Behörden hatten sich der 19 Jahre alte Terrorist Beran A. in Wien und der syrische Junge in Frankfurt über einen Messengerdienst verbunden und den Terror vorbereitet.
„Tatsächlich ist der 15-Jährige offenbar sogar derjenige gewesen, der den 19-jährigen Beran A. in (…) ermutigt hat, Anschläge zu verüben“, sagt der ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg.
Seit Montag ist der 15-jährige Syrer wieder auf freiem Fuß. Nach dem Brandenburger Gesetz durfte er zur Abwehr einer akuten Gefahr in Polizeigewahrsam genommen werden, aber nur zwei Mal zwei Wochen. Diese Zeit ist abgelaufen.
Gegen ihn ermittelt der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts auf Werbung für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Ein Antrag auf U-Haft liegt nach Angaben des RBB nicht vor.
Der syrische Junge hatte in seinen Chats den Wunsch geäußert, auch einen Anschlag im Namen des IS zu verüben. Er hatte damit gedroht, Veranstaltungen anzugreifen, an denen Homosexuelle teilnehmen. Deshalb waren die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Christopher Street Day in Frankfurt/Oder am 14. September verstärkt worden.
Der 15-jährige Syrer ist nun nach den Regeln des Rechts frei und wahrscheinlich wieder zu Hause bei den Eltern, die ihn von seinen Taten entweder nicht abbringen konnten oder nicht abbringen wollten oder davon gar nichts wussten.
Er steht unter Beobachtung der Polizei und soll ein „Deradikalisierungsprogramm“ durchlaufen. Das ist sicherlich ein guter Plan, aber wie genau wird ihn die Polizei beobachten können? Zwei Beamte stehen rund um die Uhr vor seiner Tür. Wer aber kontrolliert seine Chatverläufe, wie es die CIA tat? Das ist in Deutschland in der Regel nicht erlaubt.
Natürlich darf man niemanden festhalten, wenn keine Beweise dafür vorliegen, dass er eine Tat plant und zur Gefahr für die Allgemeinheit wird. Dennoch aber wird es uns mulmig, wenn wir wissen, wie unüberschaubar die islamistische Szene in Berlin ist, zu der eben auch sehr junge Flüchtlinge zählen.
Sie werden gezielt indoktriniert. Zum Beispiel von dem Berliner Hassprediger Ahmad Armih, der sich Abul Baraa nennt. Er hat auf Instagram 46 000 und auf TikTok mehr als 81 000 Follower. Er stammt aus der berüchtigten Weddinger Salafisten-Moschee „As-Sahaba“, die im Dezember 2019 wegen Extremismus geschlossen wurde.
Die Jagd der Sicherheitsbehörden auf Islamisten in unserem Land ist eine Sisyphus-Arbeit, ein Kampf gegen Windmühlenflügel, teuer, schwierig, oft vergebens.
Mit immer mehr jungen muslimischen Männern, die nach Berlin und Brandenburg kommen, wächst die Gefahr, dass sie sich radikalisieren lassen. Diese Gefahr wurde viel zu spät erkannt.
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